Dringender Handlungsbedarf für Reformen: Das Jahr 2023 markiert einen historischen Wendepunkt für die Notfallversorgung in deutschen Krankenhäusern.
Mit 12,4 Millionen ambulanten Notfällen erreichte die Zahl der in Notaufnahmen behandelten Patientinnen und Patienten ein Rekordniveau. Im Durchschnitt suchten täglich 34.000 Menschen Hilfe in den Notaufnahmen, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Diese Entwicklung verdeutlicht die immense Belastung des Gesundheitssektors und den dringenden Reformbedarf, um die Versorgung nachhaltig zu sichern.
Die aktuelle Situation ist nicht zuletzt auf strukturelle Defizite zurückzuführen. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz kritisiert die Reduzierung von kassenärztlichen Bereitschaftsdiensten und ambulanten Notfallpraxen. Dies trifft vor allem strukturarme Regionen besonders hart, wo die Menschen häufig keine Alternative zur Notaufnahme haben. Der Rettungsdienst, der zunehmend überlastet ist, wird dadurch noch stärker beansprucht. Trotz eines Anstiegs der hauptamtlich Beschäftigten im Rettungsdienst um 71 Prozent innerhalb von zehn Jahren fehlt es weiterhin an qualifiziertem Personal. Laut Bundesagentur für Arbeit gelten Rettungsberufe weiterhin als Engpassberufe.
Besonders problematisch sind die steigenden Einsatzzahlen bei gleichzeitigem Fachkräftemangel. In Brandenburg etwa konnten die gesetzlich vorgeschriebenen Hilfsfristen für Noteinsätze in vielen Landkreisen nicht eingehalten werden. Im Landkreis Spree-Neiße beispielsweise erreichten nur 81 Prozent der Einsätze den Einsatzort innerhalb der vorgegebenen 15 Minuten. Diese Verzögerungen können in Notfällen über Leben und Tod entscheiden.
Zusätzlich zu den strukturellen und personellen Herausforderungen sehen sich Krankenhäuser mit erheblichen finanziellen Nachteilen in der Notfallversorgung konfrontiert. Die Vergütungssysteme sind oft nicht darauf ausgelegt, die hohen Kosten der Notfallbehandlung zu decken. Dies führt dazu, dass Notaufnahmen häufig ein Verlustgeschäft darstellen. Gleichzeitig sind die Betriebskosten, etwa für Personal, Technik und Infrastruktur, kontinuierlich gestiegen. Diese Diskrepanz belastet viele Einrichtungen zusätzlich und verstärkt die Dringlichkeit für eine grundlegende Reform der Finanzierung der Notfallversorgung.
Die ursprünglich von der Ampel-Koalition geplante Reform der Notfallversorgung liegt auf Eis. Experten und Verbände wie die Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) fordern eine schnelle Wiederaufnahme und Umsetzung dieser Reform. Ziel ist es, Patientinnen und Patienten gezielt in die passenden Behandlungsangebote zu lenken, anstatt direkt die Notaufnahmen zu überschwemmen. Dies erfordert eine Stärkung der ambulanten Versorgungsstrukturen und eine verbesserte Patientensteuerung durch digitale Plattformen und koordinierende Anlaufstellen.
Gesundheitspolitiker wie Janosch Dahmen betonen die Dringlichkeit: „Unser Notfallsystem ist am Limit.“ Der Fachkräftemangel und die steigenden Einsatzzahlen machen eine zügige Reform unabdingbar. Dahmen fordert, dass die Notfallreform innerhalb der ersten 100 Tage nach den nächsten Wahlen umgesetzt wird. Verbände aus der Luftrettung und Notfallmedizin haben in einem offenen Brief ebenfalls eindringlich auf die Notwendigkeit hingewiesen, die Überlastung des Rettungsdienstes zu bekämpfen.
Die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass ein Rückgang der Notfallzahlen möglich ist, wenn die Menschen alternative Behandlungsmöglichkeiten nutzen. Die Zahlen von 2020, dem Jahr mit den niedrigsten Notfallzahlen seit Beginn der Erfassung, unterstreichen dies. Der Weg zu einer nachhaltigen Entlastung des Systems führt über gezielte Investitionen in den ambulanten Bereich, eine bessere Verzahnung von Rettungsdiensten und Krankenhäusern sowie die digitale Transformation des Gesundheitssystems.
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