Die CDU, CSU und SPD haben rund zehn Wochen nach der Bundestagswahl ihren Koalitionsvertrag unterzeichnet und damit den Startschuss für die fünfte schwarz-rote Koalition gegeben. Der Vertrag mit dem Titel „Verantwortung für Deutschland“ umfasst 144 Seiten, von denen neun dem Gesundheits- und Pflegebereich gewidmet sind. Union und SPD versprechen tiefgreifende strukturelle Reformen im Gesundheitswesen, eine Stabilisierung der GKV-Beiträge sowie einen verbesserten Zugang zu ärztlichen Leistungen - allerdings bleiben viele Details vage und stehen unter Finanzierungsvorbehalt.
Die neue Regierung setzt sich aus erfahrenen Politikern und neuen Gesichtern, das Bundesgesundheitsministerium übernimmt Nina Warken (CDU).
Zu den zentralen gesundheitspolitischen Vorhaben zählen eine Reform der ambulanten Versorgung mit Fokus auf Primärarztsysteme, verbesserte Terminvergabe und digitale Erstbewertung. Das Honorarsystem soll reformiert und nicht bedarfsgerechte Arztkontakte reduziert werden. Hybrid-DRGs werden ausgeweitet, die Bedarfsplanung differenziert und finanzielle Anreize für unterversorgte Regionen geschaffen.
Krankenhäuser sollen mit Hilfe des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes reformiert werden. Ein Transformationsfonds in Höhe von 50 Milliarden Euro, finanziert auch aus dem Sondervermögen, soll die Strukturreform begleiten. Der stationäre Sektor soll qualitativ und bedarfsgerecht gestaltet, die Vorhaltefinanzierung ab 2028 eingeführt werden. Universitätskliniken sollen stärker berücksichtigt und die Finanzierung nach realen Kosten angepasst werden.
Die Finanzierung von Kranken- und Pflegeversicherung bleibt ein zentraler Konfliktpunkt. Entlastungen durch Steuerfinanzierung versicherungsfremder Leistungen sind im Gespräch, konkrete Zusagen fehlen jedoch. Eine Kommission soll bis 2027 Reformvorschläge erarbeiten. Auch bei der Pflege sind umfassende Änderungen geplant: Eine große Pflegereform soll vorbereitet, Eigenanteile begrenzt, pflegende Angehörige gestärkt und Leiharbeit reguliert werden. Die Pflege soll einen festen Sitz im Gemeinsamen Bundesausschuss erhalten.
Im Bereich Digitalisierung wurde die elektronische Patientenakte zunächst in einer Testphase erprobt. Telemedizin, Videosprechstunden und einheitliche IT-Standards sollen die Versorgung verbessern. Bürokratieabbau ist ein zentrales Ziel, etwa durch KI-gestützte Dokumentation und Praxischecks aller Gesundheitsgesetze. Auch die Vergütung und Arbeitsbedingungen im Gesundheitswesen - insbesondere im PJ und in der Pflege - sollen modernisiert werden.
In der Forschung sollen Universitätsmedizin und Gesundheitszentren gefördert, eine Hightech-Agenda mit Fokus auf Biotechnologie, Frauengesundheit und postinfektiöse Erkrankungen verfolgt und eine Nationale Biobank aufgebaut werden. Der Zugang zu Verhütungsmitteln und medizinischer Unterstützung für ungewollt Schwangere sowie ungewollt Kinderlose soll verbessert werden. Im Bereich Apothekenwesen sind neue Vergütungsmodelle, weniger Bürokratie und eine Stärkung ländlicher Apotheken geplant.
Weitere Pläne betreffen u. a. die Reform medizinischer Heilberufe, Investitionen in Infektionsforschung, Unterstützung von Long COVID-Betroffenen sowie eine Enquete-Kommission zur Aufarbeitung der Coronapandemie. Suchtprävention, mentale Gesundheit junger Menschen und die Förderung globaler Gesundheit stehen ebenfalls auf der Agenda. Insgesamt stellt der Vertrag ambitionierte, aber in Teilen unkonkrete Vorhaben vor, die stark von der zukünftigen finanziellen Umsetzbarkeit abhängen.
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