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Aktuelle Lage der GKV-Finanzen: Zeitplan, Optionen, Auswirkungen
Einordnung vor der Prognose des Schätzerkreises

Kurz vor der Sitzung des Schätzerkreises zur Finanzlage der gesetzlichen Krankenversicherung bleibt offen, wie die Politik eine weitere Erhöhung der Zusatzbeiträge zum 1. Januar 2026 vermeiden will. Bundesgesundheitsministerin Nina Warken betont das Ziel stabiler Beiträge, räumt jedoch ein, dass es bislang keinen finalen Beschluss über konkrete Maßnahmen gibt. Der Schätzerkreis beim Bundesamt für Soziale Sicherung tagt Mitte Oktober – bis dahin getroffene Entscheidungen fließen direkt in seine Prognose ein. Der Schätzerkreis ist ein Expertengremium von BAS, Bundesgesundheitsministerium und GKV-Spitzenverband; er schätzt die Einnahmen und Ausgaben der GKV für das kommende Jahr und liefert damit die Grundlage für die Festlegung des durchschnittlichen Zusatzbeitrags durch die Regierung.

Zwei Linien der Entlastung

In der Sache stehen derzeit zwei Linien nebeneinander. Auf der einen Seite geht es darum, Mehrausgaben zu dämpfen – insbesondere im Krankenhausbereich. Aus dem Bundesgesundheitsministerium liegen Änderungsanträge vor, die 2026 eine Entlastung von rund zwei Milliarden Euro bringen sollen: zentral die Aussetzung der Meistbegünstigungsklausel (Anstieg der Landesbasisfallwerte nur in Höhe des Orientierungswerts), ergänzt um eine einmalige Halbierung des Innovationsfonds sowie einen Deckel für die Verwaltungskosten der Krankenkassen (s. Infokasten). Kassen verweisen allerdings darauf, dass zwei Milliarden voraussichtlich nicht ausreichen, da die Ausgabenentwicklung weiterhin über der Einnahmendynamik liegt.

Infokasten: Erste Sparliste des BMG (Entwurf, für 2026)

BereichMaßnahmeAngestrebter Effekt 2026Hinweise
KrankenhäuserAussetzung der Meistbegünstigungsklausel – Anstieg des Landesbasisfallwerts auf Orientierungswert begrenzt≈ 1,8 Mrd. €Preisaufwuchs im stationären Bereich gedämpft
Innovationsfonds (G-BA)Einmalige Absenkung der Fördersumme (200 →100 Mio. €)100 Mio. €Finanzierung 2026 ausschließlich aus Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds
Verwaltungskosten der KassenDeckel des Ausgabenanstiegs 2026 auf max. +8 % ggü. 2024100 Mio. €Vermeidung von Vorziehausgaben in 2025
Summe ≈ 2,0 Mrd. €Änderungsanträge sollen an das BEEP-Gesetz angehängt werden

Auf der anderen Seite werden Einnahme- bzw. Haushaltsoptionen diskutiert. Dazu gehören zusätzliche Bundesmittel sowie eine höhere Steuerfinanzierung versicherungsfremder Leistungen (z. B. Gesundheitskosten für Beziehende von Bürgergeld). Beides zielt darauf, die beitragsfinanzierten Budgets kurzfristig zu entlasten, ohne Leistungen zu kürzen.

Zuzahlungen: geprüft, nicht beschlossen

Parallel wird politisch über mögliche Anpassungen bei Zuzahlungen diskutiert, etwa bei Arzneimitteln oder der täglichen Eigenbeteiligung im Krankenhaus. Berichte über pauschale Anhebungen haben die Debatte zugespitzt; offiziell ist bisher von Prüfungen die Rede, nicht von Entscheidungen. Befürworter verweisen auf eine seit Jahren unveränderte Systematik, Kritiker auf soziale Verteilungswirkungen und begrenzte Zusatzerträge, da viele Versicherte ihre Belastungsgrenzen erreichen.

Signale der Kassen

Der GKV-Spitzenverband verweist auf bereits gestiegene Zusatzbeiträge in diesem Jahr und warnt vor einem weiteren Anstieg 2026 ohne kurzfristige politische Entlastung. Gefordert werden u. a. eine Ausgabenbremse, die Kopplung der Ausgaben an die Einnahmenentwicklung sowie eine stärkere steuerliche Finanzierung versicherungsfremder Leistungen. Größere Zuzahlungserhöhungen werden eher skeptisch gesehen.

In der politischen Bewertung rücken strukturelle Hebel in den Vordergrund: Konzentration in der Krankenhauslandschaft, Fortschritte bei der Ambulantisierung, effizientere Versorgungsprozesse und Digitalisierung. Zugleich mehren sich Signale, Arzneimittelpreise nicht als ersten Sparhebel zu nutzen; im Vordergrund stehen Einsparpotenziale in Klinik- und Praxisstrukturen.

Was jetzt zählt

Für Kassen und Leistungserbringer ist jetzt vor allem Zeitplan und Verlässlichkeit politischer Beschlüsse entscheidend. Liegen bis zur Sitzung des Schätzerkreises belastbare Entscheidungen vor – etwa zur Krankenhauspreisbremse oder zu Umschichtungen beim Innovationsfonds –, könnte der rechnerische Druck auf den durchschnittlichen Zusatzbeitrag sinken. Ohne Einigung ist ein weiterer Anstieg wahrscheinlicher. Anfang November folgt die Festlegung des durchschnittlichen Zusatzbeitrags durch das Ministerium; anschließend stellen die Kassen ihre Haushalte auf, Häuser unter Aufsicht bis zum 20. November.

Fazit

Die diskutierten Maßnahmen zielen darauf, kurzfristig Beitragsanstiege zu dämpfen und zugleich Spielräume für strukturelle Anpassungen zu schaffen. Ob die Beiträge 2026 stabil bleiben, hängt von rechtzeitig gefassten Entscheidungen und deren Umsetzung ab – insbesondere im stationären Bereich, bei Kooperationsmodellen und in der Daten- und Prozessorganisation der Versorgung.

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