Krankenhausreform

Sparpaket für stabile Kassenbeiträge: Das neue Spargesetz im Fokus

Der Bundestag hat ein Sparpaket beschlossen, um eine drohende Erhöhung der Krankenkassenbeiträge im Jahr 2026 zu vermeiden. Hintergrund ist eine prognostizierte Finanzlücke von rund zwei Milliarden Euro in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), die durch gezielte Ausgabenbremsen – vor allem bei Kliniken – geschlossen werden soll. 

Gesundheitsministerin Nina Warken hatte angekündigt, den durchschnittlichen Zusatzbeitrag auf dem aktuellen Niveau von 2,9 Prozent zu halten. Ein Ziel, das auch das Bundesgesundheitsministerium (BMG) für 2026 ausgegeben hat und das nun durch die aktuelle Schätzung bestätigt wurde. Doch ob die Entlastung tatsächlich bei den Versicherten ankommt, ist offen: Über die konkreten Zusatzbeiträge entscheiden die einzelnen Kassen selbst, abhängig von ihrer Finanzlage und Rücklagenhöhe. Schon jetzt zeigt sich: Hinter dem Versprechen stabiler Beiträge steht ein Balanceakt zwischen kurzfristiger Entlastung und langfristiger Finanzierbarkeit des Gesundheitssystems.

Geplante Entlastungen: Das neue Spargesetz im Überblick

Mit dem sogenannten „kleinen Sparpaket“ will das Bundesgesundheitsministerium die erwartete Finanzierungslücke der gesetzlichen Krankenkassen für 2026 schließen. Das Gesetz, das an das bereits im parlamentarischen Verfahren befindliche „Gesetz zur Befugniserweiterung und Entbürokratisierung in der Pflege“ (BEEP) angehängt wird, sieht Einsparungen in Höhe von rund zwei Milliarden Euro vor. Der größte Anteil soll von den Krankenhäusern kommen: Rund 1,8 Milliarden Euro werden dort durch eine Begrenzung der Vergütungssteigerungen auf die tatsächlichen Kosten eingespart. Eine Sonderregelung, die zu höheren Zahlungen führen würde, wird für 2026 ausgesetzt.

Auch bei den Krankenkassen selbst werden Sparmaßnahmen angesetzt. Jeweils 100 Millionen Euro sollen durch geringere Verwaltungsausgaben sowie durch eine Halbierung der Kassenbeiträge zum Innovationsfonds eingespart werden. Die Bundesregierung will damit den Druck mindern, die Zusatzbeiträge im kommenden Jahr zu erhöhen. 

Mechanik der Zusatzbeiträge

Die Höhe der Krankenkassenbeiträge im kommenden Jahr hängt von verschiedenen Faktoren ab. Das Bundesgesundheitsministerium legt per Rechtsverordnung einen durchschnittlichen Zusatzbeitragssatz fest, der als Orientierung für alle gesetzlichen Kassen gilt. Für 2026 liegt dieser Wert, wie im Vorjahr, bei 2,9 Prozent. Diese Zahl ist jedoch kein verbindlicher Satz, sondern eine Referenzgröße für die Haushaltsplanung der Kassen.

Kassen mit stabiler Finanzlage können ihren Beitrag halten, andere werden ihn anheben müssen. Insbesondere dann, wenn Rücklagen abgeschmolzen sind oder Ausgaben stärker steigen als geplant. Für Versicherte bedeutet das: Auch wenn der durchschnittliche Satz bei 2,9 Prozent bleibt, können die individuellen Beiträge je nach Krankenkasse deutlich abweichen. Steigt der Zusatzbeitrag, haben Mitglieder ein Sonderkündigungsrecht.

Reaktionen auf das Spargesetz

Das neue Gesetz ruft in Politik und Verbänden unterschiedliche Reaktionen hervor. Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) betont, dass die Deckungslücke von zwei Milliarden Euro geschlossen werde und man somit “die schon zur Gewohnheit gewordenen Erhöhungen der Zusatzbeiträge in den vergangenen Jahren” durchbreche. Auch Staatssekretär Georg Kippels (CDU) sieht das Ziel erreicht: Die Koalition halte ihr Wort und sorge für verlässliche Rahmenbedingungen in wirtschaftlich angespannten Zeiten. "Seit 2019 ist es damit das erste Mal, dass der durchschnittliche Zusatzbeitrag nicht erhöht werden muss", so Kippels.

Weniger Zustimmung gibt es aus den Reihen der Opposition. Der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen spricht von einem „Etikettenschwindel“. Er behauptet, es solle der Eindruck entstehen, dass die Zusatzbeiträge in der gesetzlichen Krankenversicherung im kommenden Jahr stabil bleiben. Die Realität sei jedoch, dass „mit heißer Nadel hektische Sparmaßnahmen gestrickt“ worden seien, die das strukturelle Problem nicht lösen würden. 

Ates Gürpinar von den Linken nennt das Paket ein „Kürzungsprogramm auf dem Rücken der Kranken und Pflegekräfte” und fordert stattdessen ein solidarisch finanziertes Gesundheitssystem. Und auch die Krankenkassenverbände äußern Skepsis. Oliver Blatt, Vorstandsvorsitzender des GKV-Spitzenverbandes, sieht im aktuellen Zusatzbeitrag von 2,9 Prozent „keine Entwarnung“. Die finanzielle Lage bleibe angespannt, viele Kassen müssten ihre Beiträge dennoch anheben. 

Die Vorständin des BKK-Dachverbandes Anne-Kathrin Klemm ist sich sicher, dass trotz der Aussage des BMG auch im kommenden Jahr finanzielle Mehrbelastungen auf die Beitragszahlenden zukommen. Die Bundesregierung verkaufe Stabilität, während den Beitragszahlenden tatsächlich Mehrbelastungen drohten. Es sei bedauerlich, so Klemm, dass “die politisch Verantwortlichen nicht den Mut haben, ihren Wählerinnen und Wählern diese Wahrheit zu vermitteln.”

Ein Gesetz zwischen Stabilisierung und Strukturfragen

Kliniken müssen 2026 mit gedeckelten Vergütungen planen, während die Krankenkassen ihre Verwaltungskosten senken und Projekte zurückfahren sollen. Für Versicherte bedeutet das: Die Beiträge bleiben auf dem Papier stabil, können aber individuell trotzdem steigen. Kritikern zufolge verschiebe das Paket also weniger Lasten, als dass es sie neu verteilt. Kliniken sehen sich mit weiter wachsendem Kostendruck konfrontiert, während die Kassen ihre Reserven schonen müssen. 

Es scheint so, als bleibe das Jahr 2026 ein Balanceakt. Die Beitragssätze sollen stabil wirken, die Haushalte müssen konsolidiert werden, und die Erwartungen an das Gesundheitssystem wachsen weiter. Ob das Sparpaket tatsächlich Entlastung bringt oder nur den nächsten Reformbedarf vertagt wird sich erst zeigen, wenn die Kassen ihre neuen Beitragssätze veröffentlichen.

Diese Seminare und Weiterbildungen könnten Sie interessieren:
mibeg Lunchtime Talks