fond 2.jpg

Psychiatrische Versorgung: Wirtschaftslage, Personal und Perspektiven

Die wirtschaftliche Situation psychiatrischer und psychosomatischer Kliniken in Deutschland bleibt angespannt. Das geht aus dem Psychiatrie-Barometer 2024/25 des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI) hervor.

Lediglich 28 Prozent der psychiatrischen und psychosomatischen Abteilungen und 35 Prozent der Fachkrankenhäuser bewerten ihre finanzielle Situation als gut oder sehr gut. 72 Prozent der Abteilungen und 66 Prozent der Fachkrankenhäuser betrachten ihre Lage demnach als mäßig bis sehr schlecht. Während die Fachkrankenhäuser im Vergleich zum Vorjahr leichte Anzeichen einer Stabilisierung zeigen, hat sich die wirtschaftliche Lage der Abteilungen spürbar verschlechtert.

Die finanzielle Anspannung wirkt sich auch auf Personal und Leistungsangebote aus: 30 Prozent der Abteilungen und 16 Prozent der Fachkrankenhäuser gehen davon aus, in den kommenden sechs Monaten Personal abbauen zu müssen. Etwa ein Fünftel der Einrichtungen plant zudem, das Leistungsangebot einzuschränken.

Mehr als 70 Prozent der Kliniken berichten über deutliche bis sehr starke Einbußen, was viele dazu veranlasst, kurzfristige Maßnahmen wie die Aussetzung geplanter Investitionen oder die Nichtbesetzung offener Stellen zu ergreifen. Gleichzeitig können nur 37 Prozent der Kliniken die Vorgaben der „Personalausstattung Psychiatrie und Psychosomatik-Richtlinie“ (PPP-RL) in allen Berufsgruppen vollständig erfüllen, das erhöht den Druck im Alltag zusätzlich.

Sanktionen verschoben: Kliniken gewinnen Zeit für nachhaltige Lösungen
 

Für die Psychosomatik hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) die Einführung der PPP-RL-Sanktionen bis Anfang 2027 verschoben. Das entlastet die Häuser kurzfristig und stabilisiert die Versorgung. Besonders relevant ist die Aufhebung der starren stationsbezogenen Bindung beim Personaleinsatz: Strukturen können dadurch realistischer abgebildet und flexibler gesteuert werden. Die Verschiebung nimmt den unmittelbaren Druck, Angebote zurückfahren zu müssen – ersetzt jedoch nicht den notwendigen Personalaufbau. Aus Klinikperspektive gilt: Die gewonnene Zeit sollte aktiv für tragfähige Konzepte genutzt werden (u. a. multiprofessionelle, stationsübergreifende Teams und digital unterstützte Prozesse).

Personalstrategien für die Zukunft

Der Bedarf an psychiatrischen psychosomatischen Leistungen wächst, Personal bleibt jedoch knapp. Neben Maßnahmen wie vorausschauender Einsatz- und Ausfallplanung, strafferem Aufnahme-/Entlassmanagement und zulässigen Anrechnungen zwischen Berufsgruppen rückt der Aufbau internationaler Teams in den Fokus: Bereits 55 Prozent der Einrichtungen beschäftigen internationale Fachkräfte, weitere 7 Prozent planen dies. Erfolgsfaktoren sind beschleunigte Anerkennungsverfahren, Sprachförderung sowie strukturierte Einarbeitungs- und Integrationsprogramme. Aus Sicht der DKG braucht es zudem realistische Personalvorgaben, auskömmlich finanzierte Budgets und weniger Bürokratie bei der Rekrutierung – nur so lässt sich die Versorgung psychisch erkrankter Menschen langfristig verlässlich sichern.

Was jetzt wichtig ist

Kurzfristig stabilisieren Kliniken ihre Lage über strafferes Vakanz- und Investitionsmanagement; mittelfristig führt an strukturellen Anpassungen kein Weg vorbei. Dazu zählen integrierte, settingübergreifende Versorgungsmodelle mit verstärkter Nutzung teilstationärer und ambulanter Angebote (PIA/PSIA) sowie eine präzisere Belegungssteuerung zur Vermeidung unnötig langer Verweildauern. Auf der Personal- und Prozessseite helfen vorausschauende Ausfallplanung, ein enges Aufnahme-/Entlassmanagement, zulässige Anrechnungen zwischen Berufsgruppen und der Aufbau robuster Daten- und Automatisierungsstrukturen im Controlling – damit Qualitätssicherung nicht in Bürokratie erstickt. Weil der therapeutische Kern nur begrenzt flexibilisierbar ist, rücken Effizienzgewinne in Tertiärbereichen wie Verwaltung, Küche oder Reinigung in den Blick. Der G-BA-Aufschub in der Psychosomatik verschafft Zeit, die konsequent für Personalaufbau und Prozessmodernisierung genutzt werden muss. Politisch bleibt die Aufgabe, den Rahmen so zu justieren, dass Qualitätsziele, Ambulantisierung und wirtschaftliche Tragfähigkeit zusammenpassen – andernfalls drohen die vorhandenen Kapazitätsengpässe trotz hoher Nachfrage weiter zuzunehmen.

Diese Seminare und Weiterbildungen könnten Sie interessieren:
Intensivseminar Krankenhausleitung für Ärztliche Direktor:innen
Intensivseminar Krankenhausmanagement
Management psychiatrischer und psychosomatischer Kliniken