Im Bundesgesundheitsministerium wurde der Entwurf des Krankenhausreformanpassungsgesetzes (KHAG) mit Verbänden und Ländern beraten. Ziel der Nachsteuerung ist es, die Anfang 2025 in Kraft getretene Reform praxistauglich zu machen und bis 2029 planungssicher umzusetzen. Ein überarbeiteter Kabinettsentwurf wird in Kürze erwartet
Krankenkassen warnen vor Aufweichungen der Qualitätsvorgaben; zugleich sehen ärztliche Standesvertretungen Nachbesserungsbedarf am Kern der Reform. Zwar enthalte der Referentenentwurf eine Reihe sinnvoller Maßnahmen zur Weiterentwicklung der Krankenhausreform, doch nach Ansicht von Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), bleibe die Reform „in ihrem Kern nicht funktionstüchtig“. Kritische bewertet werden insbesondere Ausgestaltung und Anreize der Vorhaltefinanzierung. Der aktuelle Ansatz verfehle das eigentlich richtige Ziel, die notwendigen Vorhalteleistungen fallzahlunabhängig zu finanzieren.
Der Marburger Bund fordert eine robuste, fallunabhängige Finanzierung der Vorhaltekosten und warnt vor zusätzlicher Komplexität—insbesondere durch Mindestvorhaltezahlen. Die Einführung der Leistungsgruppen gelte bereits als starkes Steuerungsinstrument; zusätzliche Vorgaben könnten ohne belastbare Evidenz die Versorgung erschweren.
Nachbesserungsbedarf sieht auch die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG). Gerald Gaß betont, viele Regelungen seien zu starr und bürokratisch und gefährdeten die Fläche. Gefordert wird ein konsequent fallzahlunabhängiges Vergütungssystem sowie ausreichender Planungsfreiraum für die Länder.
Besonders umstritten sind weitreichende Länderausnahmen. Die Krankenkassenverbände warnen vor den geplanten Ausnahmeregelungen für die Bundesländer. Stefanie Stoff-Ahnis (GKV-Spitzenverband), warnt, ohne verbindliche Mindeststandards—inklusive Erreichbarkeitsvorgaben—drohe föderale Beliebigkeit zulasten der Patientensicherheit. Berufs- und Fachverbände kritisieren zudem, dass damit verbindliche Mindeststandards, etwa die Mindestzahl an Ärztinnen und Ärzten je Fachgebiet, unterlaufen werden könnten. Eine derartige Lockerung der Qualitätsvorgaben würde die zentralen Ziele der Reform – eine bundesweit einheitliche, hochwertige Versorgung – massiv gefährden. Die geplante Streichung bundeseinheitlicher Erreichbarkeitsvorgaben sei dabei „völlig unverständlich“.
Auf dem DKG-Krankenhausgipfel unterstrich Bundesgesundheitsministerin Nina Warken den Kurs zu mehr Ambulantisierung. Deutschland liege im internationalen Vergleich zurück; perspektivisch seien bis zu vier Millionen Krankenhausfälle pro Jahr ambulantisierbar. Als Einstieg nannte sie die Hybrid-DRG; die Zielmarken bleiben ambitioniert: 1,5 Mio. ambulantisierte Fälle bis 2028, ab 2030 mindestens 2 Mio. Fälle jährlich. Zugleich bekräftigte Warken den engen Austausch mit den Ländern („Politik auf Augenhöhe“) und verwies auf zusätzliche Bundesmittel in einer Größenordnung von 35 Mrd. € (u. a. 25 Mrd. € Transformationsfonds, 4 Mrd. € für Transformationssofortkosten sowie ein 2-Mrd.-€-Topf für Cybersicherheit aus dem Infrastruktur-Sondervermögen). Ab 2026 sollen Kliniken entsprechende IT-Förderanträge stellen können.
Der ursprünglich erwartete Kabinettsbeschluss zum KHAG wurde am 10.09.2025 verschoben. Regierungskreise verweisen auf laufende Einigungen mit dem Ziel einer zeitnahen Befassung. Hintergrund sind u. a. praxistaugliche Anpassungen für die Länder (Fristen, Planungssicherheit) sowie finanzielle Flankierungen des Bundes. Die Verschiebung sorgt für Unruhe: Kassen und Länder mahnen Tempo an, um Rechts- und Planungssicherheit herzustellen.
Der Transformationsfonds soll Umbau und Modernisierung flankieren—70 % Bund, 30 % Länder. In Berlin kritisieren Kassen, Krankenhausgesellschaft und weitere Akteure die im Haushaltsentwurf zu geringen Landesmittel. Ohne ausreichende Kofinanzierung gingen voraussichtlich pro nicht investiertem Euro 2,33 € an Bundesmitteln verloren. Das Bündnis warnt vor einer vertanen Chance, die Krankenhausstrukturen zukunftsfest auszurichten
Das f&w-Curacon-Fusionsradar meldet im 1. Halbjahr 2025 einen Höchststand von 108 Vorgängen. Neben Kooperationen und Transaktionsanbahnungen wurden 27 Veränderungen realisiert (u. a. Fusionen, Trägerwechsel, Schließungen). Treiber sind wirtschaftlicher Druck, Landesplanungen und der Anreiz, früh Fördermittel für Verbundlösungen zu nutzen. Auffällig ist die hohe Aktivität im freigemeinnützigen Bereich; der private Sektor bleibt weitgehend unter sich.
Der Kurs der Reform ist umkämpft: Zwischen bundeseinheitlichen Qualitätszielen und gewünschter Länderflexibilität, zwischen ambitionierter Vorhaltefinanzierung und praxistauglicher Umsetzung gilt es, eine tragfähige Balance zu finden. Kurzfristig entscheidet sich, ob die Nachjustierungen Klarheit schaffen—bei Qualitätskriterien, Grouping, Nachweislast und Finanzierung. Mittel- bis langfristig wird die Wirksamkeit daran zu messen sein, ob Konzentration, Spezialisierung und Ambulantisierung Versorgungsqualität erhöhen und die Transformation finanzierbar machen.
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