Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse im Gesundheitswesen: Ein Schlüssel zur Fachkräftesicherung in Deutschland

Der Fachkräftemangel im deutschen Gesundheitswesen ist kein neues Thema – doch er spitzt sich weiter zu. Besonders in der Pflege und im ärztlichen Bereich fehlen qualifizierte Arbeitskräfte. Viele Menschen mit einer abgeschlossenen Ausbildung im Ausland möchten in Deutschland arbeiten, doch oft stehen sie vor einer zentralen Hürde: Der Anerkennung ihres Berufsabschlusses. Ohne die Anerkennung ist eine Tätigkeit in reglementierten Gesundheitsberufen nicht möglich. Der Weg dorthin ist jedoch für viele kompliziert, langwierig und voller bürokratischer Hürden.

Die aktuelle Lage: Zahlen und Fakten aus dem Anerkennungsmonitoring

Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) veröffentlicht jährlich ein Anerkennungsmonitoring, das einen Einblick in die Entwicklung der Anerkennungsverfahren gibt. Die aktuelle Auswertung zeigt deutlich: Der Gesundheitsbereich steht im Mittelpunkt des Interesses.

  • Rund 75 % aller Anträge auf Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse stammen aus dem Gesundheitsbereich.
  • Besonders häufig stellen Pflegefachkräfte sowie Ärztinnen und Ärzte Anträge auf Anerkennung.
  • Wer aus einem EU-Mitgliedsstaat, Norwegen, Island, Liechtenstein oder der Schweiz kommt, hat vergleichsweise gute Chancen: Etwa 90 % dieser Abschlüsse werden unmittelbar anerkannt.
  • Bei Drittstaaten (also Nicht-EU-Ländern) ist die Situation weitaus schwieriger: Nur 36 % der Abschlüsse werden sofort anerkannt. In 63 % der Fälle müssen Ausgleichsmaßnahmen erfolgen, etwa in Form von Anpassungslehrgängen oder Kenntnisprüfungen.

Hürden im Verfahren: Wo es klemmt

Trotz der hohen Zahl an Anerkennungsanträgen gibt es zahlreiche Herausforderungen, die den Weg zur Anerkennung erschweren:

  • Unklare Informationen: Viele Antragstellende wissen nicht genau, welche Unterlagen benötigt werden, wie das Verfahren abläuft oder welche Voraussetzungen gelten. Es fehlt an leicht verständlichen Informationen – idealerweise mehrsprachig und in einfacher Sprache.
  • Uneinheitliche Anforderungen: Je nach Bundesland oder Anerkennungsstelle variieren die Anforderungen an Unterlagen und Abläufe. Das führt zu Verwirrung und verzögert den Prozess.
  • Unverständliche Bescheide: Auch nach einem Bescheid wissen viele nicht, was sie als Nächstes tun müssen. Es braucht klar strukturierte und verständlich formulierte Schreiben.
  • Zu wenige Vorbereitungsmöglichkeiten: Anpassungslehrgänge, Sprachkurse für medizinisches Fachvokabular oder Vorbereitungskurse auf die Kenntnisprüfung sind rar – insbesondere in ländlichen Regionen.
  • Finanzielle Belastung: Das Verfahren ist oft mit hohen Kosten verbunden – für Übersetzungen, Gebühren, Vorbereitungskurse oder Ausgleichsmaßnahmen. Nicht alle wissen, dass es Fördermöglichkeiten durch die Agentur für Arbeit, Jobcenter oder Anerkennungszuschüsse des Bundes gibt.
  • Zu wenig Einbindung von Arbeitgebern: Arbeitgeber könnten eine wichtige Rolle dabei spielen, Fachkräfte schneller in den Beruf zu bringen. Doch oft fehlt es auch hier an Informationen und Möglichkeiten zur Mitgestaltung von Anpassungsmaßnahmen.

Was sich ändern muss

Um Menschen mit ausländischen Abschlüssen besser zu unterstützen und das volle Potenzial dieser Fachkräfte zu nutzen, braucht es umfassende Reformen und gezielte Maßnahmen:

  • Mehr und bessere Beratung: Frühzeitige, kostenlose und mehrsprachige Beratungsangebote können helfen, unnötige Verzögerungen zu vermeiden.
  • Standardisierung des Verfahrens: Einheitliche Anforderungen und Bescheide würden Klarheit schaffen.
  • Erweiterung von Anpassungsangeboten: Es braucht mehr Lehrgänge, gezielte Vorbereitungskurse und flexible Formate – auch digital.
  • Ausbau beruflicher Sprachförderung: Gute Sprachkenntnisse, vor allem in medizinischer Fachsprache, sind entscheidend für die berufliche Integration.
  • Finanzielle Unterstützung verstärken: Die Förderung durch staatliche Stellen muss bekannter gemacht und ggf. ausgeweitet werden.
  • Einbindung der Arbeitgeber fördern: Durch enge Zusammenarbeit mit Kliniken, Pflegeeinrichtungen und Praxen kann die Anerkennungspraxis praxisnäher gestaltet werden.

Warum das Thema so wichtig ist

Deutschland ist auf Fachkräfte aus dem Ausland angewiesen – besonders im Gesundheitswesen. Umso wichtiger ist es, Menschen mit ausländischen Qualifikationen faire und transparente Zugangswege zum Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Die Anerkennung ihrer Ausbildung ist nicht nur ein bürokratischer Akt, sondern der Schlüssel zu einer erfolgreichen beruflichen und gesellschaftlichen Integration.

Unterstützung durch Informationsangebote

Eine wichtige Hilfestellung bieten die mibeg-Institute an. Jeden Dienstag um 9:30 Uhr veranstalten wir eine kostenlose Online-Informationsveranstaltung unter dem Titel „Wege zur Anerkennung“. Hier erhalten Interessierte praxisnahe Informationen zum Verfahren, individuelle Beratung und Hinweise zu Vorbereitungsmöglichkeiten auf die Anerkennungsprüfungen. Hier geht es zu Anmeldung.

Fazit

Die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse im Gesundheitsbereich ist ein zentrales Thema für die Fachkräftesicherung in Deutschland. Damit Menschen mit internationaler Ausbildung ihre Kompetenzen auch hierzulande einbringen können, brauchen sie bessere Unterstützung – und einen klaren, fairen Weg durch das Anerkennungsverfahren. Nur so kann Deutschland die dringend benötigte Expertise nutzen und gleichzeitig eine inklusive und zukunftsfähige Gesundheitsversorgung sichern.

 

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Cecile Polzin

Cecile Polzin ist Projektleiterin bei den mibeg-Instituten und Expertin für Erwachsenenbildung und Weiterbildung. Mit mehrjähriger Erfahrung in der Konzeption und Umsetzung von Bildungsangeboten für ausländische Ärzt:innen bringt sie fundiertes Fachwissen und praxisnahe Perspektiven in ihre Arbeit ein. 

Heute liegen ihre Schwerpunkte in der Entwicklung neuer Bildungsformate, im Qualitätsmanagement sowie in der Beratung von Anerkennungsverfahren für internationale Fachkräfte.