Fehler vermeiden: Die soziale Dimension ernst nehmen
Eine häufige Hürde bei der Integration ist die einseitige Konzentration auf fachliche Einarbeitung. Wird die soziale Eingliederung vernachlässigt, kann dies zu Isolation und Missverständnissen führen. Ebenso problematisch ist es, die bestehende Teamdynamik nicht zu berücksichtigen. Ohne offene Kommunikation können Spannungen entstehen, die die Zusammenarbeit belasten.
Das Onboarding neuer Mitarbeiter findet auf der fachlichen und sozialen Ebene statt. Während es bei der fachlichen Integration um die fachlichen Kompetenzen geht, die für die neue Stelle oder den neuen Arbeitsbereich geht, umfasst die soziale Integration alle relevanten soziale Kontakte und die sogenannte werteorientierte Integration, sie berücksichtigt die Ziele und Grundsätze des Unternehmens.
Das European Center for the Development of Vocational Training (CEDEFOP) versteht unter der sozialen Integration einen „Prozess, der darauf abzielt, den Austausch gemeinsamer Werte und Ziele zwischen Personen innerhalb einer Gesellschaft oder einer sozialen Gruppe zu fördern.“ Er findet auf individueller Ebene oder innerhalb der sozialen Gruppe statt, die die anzuwendenden Regeln und Werte festlegt; er ermöglicht der "integrierten" Person, dauerhafte soziale Beziehungen aufzubauen.
Die soziale Integration neuer Mitarbeiter ist entscheidend für den Erfolg eines Teams. Sie beeinflusst nicht nur, wie schnell sich Neuzugänge im Team zurechtfinden, sondern auch die Dynamik und Zusammenarbeit im gesamten Team. Eine starke soziale Eingliederung schafft Vertrauen, fördert Kommunikation und legt den Grundstein für eine produktive Arbeitsatmosphäre.
Für neue Mitarbeiter ist der Eintritt in ein bestehendes Team oft mit Unsicherheiten verbunden: Welche Rolle werde ich spielen? Wie ist die Stimmung im Team? Ohne gezielte Maßnahmen können sich Neuzugänge isoliert fühlen, was die Zusammenarbeit hemmt. Gleichzeitig beeinflussen neue Teammitglieder die bestehende Teamdynamik – positiv oder negativ. Daher ist es essenziell, den Integrationsprozess aktiv zu gestalten, um das Gleichgewicht im Team zu bewahren und den neuen Kollegen schnell ein Gefühl der Zugehörigkeit zu vermitteln.
Systematische Konzepte zur sozialen Integration dürfen auch im Hinblick auf die Kompetition um beste Fachkräfte nicht unterschätzt werden, sie stellen einen Wettbewerbsvorteil dar, der in Fachkreisen und bei potenziellen Bewerbern kommuniziert wird. Wenn beide Komponenten des Onboardings, fachliche und soziale Integration, angemessen geplant und gestaltet sind, sinkt das Risiko der Frühfluktuation und ist der Grundstein für die mittel- und langfristige Bindung des Mitarbeiters im Unternehmen gelegt.
Nicht nur das neue soziale Umfeld, sondern auch der neue Mitarbeiter trägt zum Erfolg seiner sozialen Integration bei. Es sind insbesondere die überfachlichen Kompetenzen
die für die unmittelbare und weitere soziale Integration erforderlich sind. Daher ist zu empfehlen, die Anforderungen an die Ausprägung der überfachlichen Kompetenzen in Hinblick auf die neue Arbeitsumgebung und das neue soziale System im Vorfeld zu bestimmen und im Rahmen des Auswahlprozesses zu erheben. Hierzu sollte ein wissenschaftlich fundiertes Verfahren angewendet werden. Ich empfehle dazu das Bochumer Inventar zur berufsbezogenen Persönlichkeitsbeschreibung (BIP), welches bspw. mit dem Anforderungsmodul überfachliche Anforderungen an eine Position erfasst, die dann mit den Ergebnissen des Moduls zur Selbstbeschreibung der Persönlichkeit der ausfüllenden Person auf 17 berufsbezogenen Skalen im Sinne eines Soll-Ist-Vergleichs analysiert werden können.
Diese systematische Vorgehensweise kann schon im Vorfeld Hinweise darauf geben, ob ein (in die engere Auswahl kommender) potenzieller Kandidat über die Erforderlichen überfachlichen Kompetenzen verfügt bzw. welche Förderung hier für die erfolgreiche soziale (und fachliche) Integration erforderlich ist.
Hinsichtlich des Vertrauens spielt die Psychologische Sicherheit eine besondere Rolle, sie ist ein in einer sozialen Gruppe vorhandenes Phänomen. Wir sprechen von psychologischer Sicherheit, wenn sie Mitarbeitende trotz der Bitte um Unterstützung, des Eingeständnisses eines Fehlers oder der Ausübung von Kritik bei ihrer Arbeit wohlfühlen (können). Psychologische Sicherheit wird auch als gemeinsame Überzeugung beschrieben, sich in einer Umgebung zu befinden, in der zwischenmenschliche Risiken eingegangen werden können. So können bspw. Probleme, Unklarheiten oder Fragen angesprochen werden, ohne dass eine betroffene Person damit Angst, Scham oder Herabsetzung in Verbindung bringt. Es gibt auch keine formellen oder informellen punitiven Konsequenzen durch andere Mitarbeitende oder die Organisation, wenn offen über Herausforderungen, Unklarheiten oder Fehler kommuniziert wird.
Die Ausprägung der psychologischen Sicherheit wird mit großer Aufmerksamkeit hinterfragt und erlebt, sie prägt das weitere Verhalten neuer Mitarbeitender und ist in sicherheitssensitiven Arbeitsumwelten von besonderer Bedeutung. So beeinflussen bspw. in Krankenhäusern die Erfahrungen der ersten Wochen und Monate die Wahrscheinlichkeit, dass neue klinische Mitarbeitende eigene Unsicherheiten und Fehler ansprechen oder auch auf für die Patientensicherheit relevante Gefährdungen hinweisen.
Eine wichtige Rolle kann dabei auch ein Pate aus dem Team spielen, der neben der fachlichen Einarbeitung eines neuen Kollegen auch bei allen Fragen und Herausforderungen rund um die soziale Integration zur Seite steht. Dies kann ein erfahrener Kollege sein, den ähnliche Aufgaben, berufliche Vita und Alter mit dem Neuen verbindet. Bewährt haben sich hierzu auch Kollegen, die selbst noch nicht zu lange um Unternehmen sind und deren eigene Einarbeitung noch nicht zu lange her ist: sie können sich gut an die Bedürfnisse des neuen Mitarbeitenden hineinversetzen.
Teambuilding-Aktivitäten, die auf Kooperation und Kommunikation abzielen, fördern nicht nur das Miteinander, sondern helfen neuen Mitarbeitern, schnell ihren Platz im Team zu finden.
Spitzenteams kennen ihre Stärken und Schwächen genau. Rollen sind auf die Fähigkeiten Einzelner optimal abgestimmt. Auch bei hohem Druck, Dynamik und großer Informationsflut funktionieren Kommunikation und Zusammenarbeitsmechanismen reibungslos. Besonders gut geeignet ist hierzu das Interpersonal Skills LAB, bei dem neue Mitarbeiter Kollegen unterschiedlicher Hierarchiestufen aus dem neuen (und ggf. auch angrenzenden) Arbeitsbereich kennenlernen und mit ihnen gemeinsam unter den genannten Rahmenbedingungen wichtige überfachliche Skills analysieren und trainieren können.
Wichtig ist dabei auch, dass im Training mit dem Interpersonal Skills LAB unterschiedliche Ebenen und Herausforderungen abgebildet werden können: Team-, Führungs- und (Abteilungs- oder Unternehmens-) Leitungsebene.
Weitere Informationen zum Interpersonal Skills LAB und Erfahrungen aus erster Hand finden Sie unter https://mibeg-institute.de/magazin/neuigkeiten/Interpersonal-Skills-LAB
Die soziale Integration ist von großer Bedeutung für den Erfolg neuer Mitarbeiter und der Teams, in denen sie tätig werden – und somit auch für das Unternehmen. Gut geplant und umgesetzt ist die soziale Integration in der Unternehmensrealität eine Investition, die sich langfristig auszahlt. Die Alternative lautet: Wer soziale Integration für unwichtig hält, gibt Geld für Stellenanzeigen aus: Immer und immer wieder.